14. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem Emons-Verlag. VIER






Kunstraub durch Nazis, ein berühmtes Gemälde, das zuletzt in Göhrings Besitz war und ein Ex-Häftling auf Bewährung, der über Leichen stolpert und eine ungezügelte Neugier auf seine Nachbarn hat ergeben einen raffinierten, überzeugenden und spannenden Kriminalroman.

Der Ex-Häftling Konstantin Neumann ist auf Bewährung entlassen und dank der Vermittlung seiner Schwester bewohnt er eine schöne Altbauwohnung in einer ruhigen Wohngegend in Münster. Er stellt in seinem Haus seltsame nächtliche Aktivitäten fest und findet kurz darauf die Leiche einer jungen Frau im Treppenhaus, die seine Neugier weckt sowie eine korpulente und sehr rabiate Kommissarin auf den Plan ruft. Bei Nachforschungen stößt Konstantin auf einen verschollenen Vormieter und auf seltsame Verbindungen der übrigen Hausbewohner untereinander, die alle ungewöhnlich wohlhabend sind. Besonders interessant erscheint ihm der Alte im Erdgeschoss, bei dem Konstantin eine sehr dunkle Vergangenheit und merkwürdige Verbindungen zur Kunstszene in der Gegenwart vermutet. Unterstützt wird Konstantin bei seinen Nachforschungen von einem ehemaligen Mithäftling und Kunstfälscher, der wie viele andere in dieser Geschichte auf der Suche nach während der Nazizeit verschollenen Gemälden ist.

Die Handlung lebt von interessanten, geheimnisvollen und teilweise skurrilen Charakteren und immer wieder überraschenden Wendungen. Der Protagonist und Antiheld Konstantin agiert teilweise recht naiv und stolpert, obwohl er eine kluge Person ist, von einem Malheur zum nächsten. Überwacht und überrascht wird er von Kommissarin Finke, die auf ihn anfangs bedrohlich und einschüchternd wirkt, und das nicht nur wegen ihrer Körperfülle, aber trotz Resolutheit das Herz am rechten Fleck hat und viel Fürsorge und Klugheit und Humor beweist.

Der lockere aber dennoch situativ angepasste Stil des Buches macht das Lesen zum Vergnügen und hat mir sehr gefallen. Die fesselnde Schreibweise der Autorin und das häppchenweise Auflösen der verwickelten Geschichte verbunden mit dem hochinteressanten Hintergrund ergeben einen höchst ausgefeilten und raffinierten Kriminalroman, für den ich volle 5 Sterne vergebe.

Der Prolog der Geschichte beruht übrigens auf Tatsachen:
Das berühmte Bild von Franz Marc "Der Turm der blauen Pferde" verschwand nach dem Krieg angeblich aus dem "Haus Waldsee" und gilt seitdem als verschollen. Ebenso wahr ist die Passage zum Kunstfund aus der Sammlung Gurlitts (Schwabinger Kunstfund). Die im Buch erzählte Geschichte selbst ist zwar fiktiv, aber klug gewürzt mit ein paar reellen Ereignissen liefert dies einen ganz besonderen Reiz.


Sabine Schulze Gronover

Die Flucht der blauen Pferde

Kriminalroman
Broschur
13,5 x 20,5 cm
320 Seiten
Erschienen im Emons-Verlag September 2015
Euro 10,90 [D] , 11,30 [AT]

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