16. Januar 2016

Regionalkrimis aus dem emons-Verlag SECHS

Rezension "Der Kopf des Korsen"




Frag die Alten und verprügele die Jungen - so lautet das Resümee aus dem berühmten Comic "Asterix auf Korsika", dessen sich der Autor als wunderbares Klischee für die Insel der Schönheit bedient.

Nach einer Pleite in Paris wird der korsische Polizist Jaques Andreotti und der Undercover-Ermittler Andrea Lefèvre auf Korsika zu ihrer eigenen Sicherheit zwangsversetzt. Beide gehen widerwillig auf die Insel, Andreotti wegen der Familienprobleme mit seiner typisch korsisch-kauzigen Schwiegermutter und Lefèvre, weil er Andreotti die Schuld an seinem Auffliegen als Undercoverermittler bei der Mafia in Paris gibt und wegen ihm auf dem Felsen der Verrückten festsitzt.
Auf Korsika agieren die beiden offiziell als Sonderermittler für eine Vendetta zwischen zwei verfeindeten korsischen Familien, die nicht das ist, was sie auf den ersten Blick zu sein scheint. Sie räumen sehr unkonventionell und gewaltig auf und stechen dabei in ein Wespennest nach dem anderen.
Das bleibt nicht verborgen, insbesondere nicht vor der Mafia und dem Paten von Paris, der auf Rache für die Ermordung seines Sohnes durch Andreotti und den Verrat durch Lefèvre sinnt und ein hohes Kopfgeld auf die beiden aussetzt, was psychopathische Profikiller auf den Plan ruft und auf die Insel führt.
In einem fulminanten Showdown unter Beteiligung von Freunden, Familie und einer Riesenportion korsischer Verrücktheit und Stolz findet die Geschichte ein wahrscheinlich typisch korsisches Ende.

Jean Renaud schafft es auf sehr amüsante und spannende Weise, den Leser in den Bann zu ziehen. Das beruht zum einen auf der Handlung selbst, die sich intelligent und logisch aufbaut, zum anderen an der Beschreibung von Orten, Ereignissen und Charakteren, die hervorragendes Kopfkino bilden und oft mit einem zwinkernden Auge versehen sind. Ich mochte beim Lesen besonders die als typisch korsisch anzusehenden Klischees, die mittels eines Asterix-Comics erklärt wurden und sowohl Lefèvre als auch mir den Gedanken entlockten: Die spinnen, die Korsen!

Eine korsische kriminelle Geschichte braucht ein paar Tote und viel Stolz, beides wird dem Leser wohldosiert und auf spannende Weise geboten, wie immer mit dem zwinkernden Seitenblick auf korsische Mentalität. Sehr stimmig und dicht sind die Beschreibung von Schlüsselereignissen wie zum Beispiel die Beerdigung eines Clanmitgliedes in dem winzigen korsischen Bergdorf La Rocca zu Beginn des Romanes, bei dem man die Kälte und den korsischen Stolz förmlich aus den Zeilen zu tröpfeln vermeint.

An gut beschriebenen Charakteren mangelt es dem Buch nicht. Die beiden Hauptcharaktere Andreotti und Lefèvre erhalten Tiefe durch Hintergrundinformationen zu Familie. Man findet eine Vielzahl kauziger Nebencharaktere, wie der Gendarm Pepin oder die kettenrauchende Polizistin Florentine, das passt sehr gut zur Geschichte und stört den Lesefluss in keiner Weise.

Der "Kopf des Korsen" ist für mich in diesem Jahr das Krimi-Highlight wegen der geschickten Verknüpfung von spannenden unvorhersehbaren Handlungssträngen gewürzt mit einer ordentlichen Prise Humor und den kauzig-schrulligen Charakteren, das alles angesiedelt auf einer Mittelmeerinsel, die Urlaubsgefühle verbreitet. Ich hoffe sehr auf eine Fortsetzung mit den beiden Ermittlern auf Korsika.

Jean Renard

Der Kopf des Korsen

Korsika Krimi
Broschur
13,5 x 20,5 cm
480 Seiten
Erschienen im emons-Verlag Juli 2015
Euro 11,90 [D] , 12,30 [AT]

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