26. April 2016

Rezension zu "Der Edelsteingarten" von Susanne Ayoub




Die Autorin Susanne Ayoub, aufgewachsen bis zu ihrem sechsten Lebensjahr im Irak und heute in Wien lebend, hat in ihrem Buch "Der Edelsteingarten" die ungewöhnliche Liebes- und Lebens-Geschichte ihrer Eltern als Vorlage für das Buch gewählt.

Klappentext:
Der Weihnachtsabend 1955 beginnt für Laura wie so viele andere mit Streit im Elternhaus. Doch dann erscheint ein unerwarteter Besuch: Younis, ein junger Mann aus Bagdad. Und alles wird mit einem Schlag anders. Noch ehe das Jahr zu Ende ist, sind Laura und Younis ein Paar.
Laura verlässt Wien, ihre Eltern, ihre Freunde und folgt Younis nach Bagdad. Im Edelsteingarten aus dem Gilgamesh-Epos sind die Bäume, die Blätter und Früchte aus kostbarem Gestein, es gibt keine Dornen, nur Kristalle, keine Finsternis, nur Sonnenschein. Märchenhaft wie dieses Bild erscheint Laura der Weg in ihr neues Leben. Die Welt des Orients mit seinen Farben, Düften und Klängen zieht sie sofort in ihren Bann. Doch jenseits der prunkvollen Bagdad-Villen, in denen die Wohlhabenden abgeschieden leben, endet die Idylle.
Das tödliche Attentat auf die Königsfamilie stürzt die irakische Monarchie. Allein zu Hause mit ihrer kleinen Tochter erlebt Laura den Ausbruch des Bürgerkrieges im Land. Nichts bleibt, wie es war. Auch Younis wird ein anderer. Er führt ein zweites Leben, von dem Laura nichts erfahren darf. Sie erkennt, dass sie einen Fremden geheiratet hat.

Das Buch strotzt vor Bildern, die das Bagdad der 50er und 60er Jahre und dessen Schönheit vor dem Auge des Lesers entstehen lassen. Fast kann man Laura auf dem Markt sehen, riecht und schmeckt die Köstlichkeiten selbst. Ebenso der Alltag in der Familie und das Leben in der orientalischen Stadt ist für den Leser sehr gut und nachvollziehbar transportiert worden.

Doch komplett unverständlich und teilweise sogar störend ist für mich das Handeln der Protagonistin. Völlig unwissend und naiv folgt Laura nach sehr kurzer Zeit einem ihr total Unbekanntem in ein fremdes Land und ist ihm und seiner Familie dort ausgeliefert. Selbst bei ihrem Übertritt zum Islam und der damit verbundenen Abgabe ihrer Rechte kommen ihr nicht wirklich Zweifel. Mir erscheint diese Situation auch in Anbetracht der Zeit extrem, zumal Laura bis dahin durchaus in der Lage war, für sich selbst finanziell zu sorgen und sich in Wien in keine Abhängigkeiten begeben hat.
Ihr Ehemann Younis schließt sie im wesentlichen aus seinem Leben und seinen Beziehungen zu Familie und Freunden aus, was jedoch nicht, wie zu erwarten wäre, zu Gefühlsausbrüchen führt oder Laura dazu veranlasst, ihr Schicksal und das ihrer Tochter in die Hand zu nehmen. Dadurch erscheint die Figur und ihre Geschichte für mich sehr blass, unglaubwürdig und effekthaschend konstruiert.
Dabei ist das Buch durchaus sehr spannend zu lesen, aber eben leider mit Distanz durch den Leser wo ein Mitfiebern mit den Charakteren wünschenswert gewesen wäre.

Die Handlung spielt vor dem Hintergrund der Irakischen Revolution zum Sturz von König Faisal II. 1958 und dem Militärputsch im Februar 1963 mit dem Sturz der Regierung und der Hinrichtung von General Abdul Karim Quassem. Auf diese Ereignisse bezogene politische Verfolgungen und
Inhaftierungen, Aufstände im kurdischen Gebiet, Aburteilung von königstreuen Irakern nach der Revolution durch das Revolutionsgericht aber auch die Erwähnung und Einordnung der putschenden Baath-Partei-Anhänger 1963 machen das Setting des Romanes sehr interessant.
All das wird jedoch nie zum Vordergrund der Geschichte um Laura und Younis sondern bildet deren ereignisreichen Hintergrund.

Fazit:
Ein Drei-Sterne-Buch über eine ungewöhnliche, sehr unterhaltsame aber in meinen Augen leider nicht  wirklich mitreißende Geschichte im revolutionären Bagdad.



Susanne Ayoub "Der Edelsteingarten"
Roman, 400 Seiten
Februar 2016
ISBN 978-3-7844-3391-2
Verlag Langenmüller

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