19. Juni 2016

Rezension zu "Flavia de Luce - Eine Leiche wirbelt Staub auf" von Alan Bradley




Ich liebe die Geschichten und Ermittlungen der kleinen altklugen und Sprüche-klopfenden Flavia de Luce, die in ihrem nun schon siebten Abenteuer in Kanada auf gewohnte Manier über eine Leiche stolpert und die Ermittler mühelos in die Tasche steckt sowie die Leser zum spannenden und verwirrenden Rätseln anregt.

Klappentext:
Alles Tote kommt von oben! Verbannt – so empfindet Flavia ihr Schicksal, als ihr Vater und ihre Tante Felicity sie auf ein Schiff nach Kanada verfrachten. Dort, in Toronto, soll sie Miss Bodycote’s Female Academy besuchen, das Mädcheninternat, an dem auch schon Flavias Mutter Schülerin war. Noch in ihrer ersten Nacht »in Gefangenschaft « landet ein unerwartetes Geschenk zu Flavias Füßen: eine verkohlte, mumifizierte Leiche, die aus dem Kamin in ihrem Zimmer purzelt – der Beginn einer Reihe von Nachforschungen, bei denen Flavia auf zahlreiche mysteriöse Vorkommnisse in Miss Bodycote’s stößt. Doch wenn es darum geht, Rätsel zu lösen, ist Flavia in ihrem Element ...

Die intelligente, chemieverliebte, exzentrische 12jährige Flavia de Luce hat mich auch in diesem Band mit ihren verdrehten Gedankengängen und klugen Rückschlüssen verblüfft und begeistert. Auf sich allein gestellt in Kanada und verbannt von ihrem geliebten Buckshaw in Bishop's Lacey verfolgt sie genauso wie ein Terrier ihr Ziel und geht dabei dennoch ungewohnte Wege. Genau wie ich beim Lesen vermisst sie allerdings lieb gewonnene Figuren aus ihrer gewohnten Umgebung und ihrer Familie. Doch an schrägen und undurchsichtigen Charakteren mangelt es auch diesmal nicht, angefangen vom Lehrkörper der Miss Bodycote über Hausmutter, Hausmeister und Dienstpersonal der dortigen Wäscherei bis hin zu den dauerrauchenden Schülerinnen, die zum Teil auf mysteriöse Art verschwinden. Sehr schön old-fashioned platziert in den 1950er Jahren  hat vieles für mich einen besonderen Reiz. Die durchaus hochnäsige britische Flavia manövriert sich filmreif und mit ebensolcher Ausdrucksweise (natürlich orientiert an den 1950er Jahre-Filmen) durch die "neue Welt".

Flavia ist in Kanada auf sich selbst gestellt, weiß nicht, wer Freund und wer Feind ist, muss Prüfungen bestehen, die sie in keiner Weise durchschaut. Und das alles unter Einhaltung einer absurden Hausordnung, die striktes Lichtverbot nach neun ebenso beinhaltet wie das Verbot des Befragens von Mitschülern über andere Mitschüler. Dass Flavia unter diesen Umständen abendliche und nächtliche chemische Experimente und Personenbefragungen zur Ermittlung des Mörders bewerkstelligen kann grenzt an ein Wunder und ruft bei der Verdrehtheit der Planung und Durchführung beim Lesen viel Vergnügen und Schmunzeln hervor.
Am Ende - wie sollte es anders sein - steckt sie den ermittelnden Inspektor mit ihren Schlussfolgerungen in die Tasche, ist allen anderen Verschwörern mindestens eine Nasenspitze voraus und löst das Rätsel, ohne den Ruhm dafür einheimsen zu können.

Mir gefiel das Setting der vorangegangenen Bände und das Wiedersehen mit den einzelnen Figuren bisher sehr gut, dennoch hat auch dieser Band seinen Reiz. Für mich erscheinen die Charaktere der Schulbesatzung von Miss Bodycote aber lediglich als Hintergrundmusik zu Flavia's virtuosem Spiel, was zwar zu ihrem Typus als Einzelgängerin passt, der Geschichte aber leider auch ein wenig der Farbigkeit nimmt.
Dennoch habe ich mich köstlich amüsiert und mitgefiebert, wer hinter dem Mord steckt, weshalb das Buch von mir fünf Sterne bekommt.




Alan Bradley
Flavia de Luce. Eine Leiche wirbelt Staub auf.
Roman
Verlag: Penhaligon
€19,99
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-7645-3112-6

9. Juni 2016

Rezension zu Muchachas Band drei von Katherine Pancol



Der dritte und letzte Teil der Muchachas-Trilogie von Katherine Pancol führt die Erzählungen aus Teil eins und zwei mit einerseits großer Leichtigkeit und andererseits bedrückender und schicksalhafter Atmosphäre fort.

Klappentext
Joséphine will endlich erfahren, wer der Mann ist, der sie seit einiger Zeit verfolgt. Weiß er wirklich etwas über ihren geliebten Vater? Ihre Tochter Hortense arbeitet weiter wie besessen an ihrer Karriere und ist bereit, alles für den Erfolg zu geben. Die Gönnerin Elena sinnt weiter auf Rache für eine lang zurückliegende nie verwundene Demütigung. Die hochtalentierte Violinistin Calypso schwelgt zum ersten Mal in der magischen Kraft der Liebe. Stella will sich nicht länger von der Vergangenheit, von den vielen Lügen und Vertuschungen quälen lassen und beschließt, dem ein für allemal ein Ende zu bereiten - mit allen Mitteln. Und auch ihre Mütter Léonie wagt sich langsam zurück in ein Leben ohne Angst.
Im furiosen dritten Band erzählt Bestsellerautorin Katherine Pancol erneut von ihren Muchachas, die keinen Kampf scheuen, um sich und ihre Liebsten zu schützen, die sich gegenseitig Mut zusprechen, wenn die Hoffnung sie verlässt, die sich miteinander verbünden, wenn der Rest der Welt sich gegen sie stellt, die die Hände träumerisch in den Himmel heben aber mit beiden Beinen fest auf der Erde stehen - und die immer wieder über sich selbst hinauswachsen, um das Leben, das wahre Leben, doch noch zu fassen zu kriegen.

Alle bisherigen Geschichten werden im letzten Romanband weiter erzählt, viel Raum nimmt diesmal Stella's schweres Schicksal und das ihrer geschundenen Mutter ein. Man begleitet die hilflose und geprügelte Léonie auf dem steinigen Weg von der angstvollen, verschreckten und kraftlosen Frau zurück an den Beginn eines normalen Lebens. Stella, die wütende und kraftvolle Person, die aus unglaublichem Leid hervorging, steht streckenweise allein gegen eine ganze Stadt voller Lügen und Betrug und muss ihre Mütter Léonie vor weiteren Anschlägen durch den gewalttätigen Vater schützen. Es erzeugt bei mir einerseits große Wut, andererseits viel Bewunderung beim Lesen, von ihren Schicksalsschlägen und von ihrem Kampf zu lesen. Die Figuren dieses Erzählstranges sind glaubhaft und mit viel Tiefe ausgearbeitet, was diesen Teil der Geschichte enorm intensiviert und hohe Spannung erzeugt.

Hortense und ihre Arbeit auf dem Weg als erfolgreiche Modedesignerin ist Hauptteil eines weiteren Erzählstranges, in dem wiederum Garry als ihr Geliebter und begnadeter Pianist, die Violinistin Calypso und die Geldgeberin Elena verbandelt sind. Hauptaugenmerk ist wieder wie schon in Band zwei die Suche nach dem perfekten Kleidungsstück, mit Variation der Orte New York und Paris. Dieser Teil des Buches um Hortense konnte mich auch im dritten Teil nicht packen. Ich empfinde Hortenses Charakter als flach angelegt, weil ihre Arbeit und nicht ihr Schicksal im Vordergrund steht. Gegenüber Band zwei ergibt sich dabei leider auch wenig Neues.
Allerdings ist auch Hortense eine der Muchachas, das heißt, sie besitzt die Fähigkeit, ihr Glück ohne männliche Hilfe durch eigene Kraft zu finden.

Nicht alle in den vorangegangenen Bänden begonnenen Episoden werden bis zum Ende erzählt, manches wird nur angetippt und offen gelassen. Genau das macht die Trilogie jedoch sehr sympathisch, sehr lebensnah betrachtet man einen wichtigen Teil einer Geschichte und bekommt zwar am Rand Kleinigkeiten mit, die sich jedoch nicht vollständig erschließen.

Fazit:
Ein gut passender Abschlussband einer leicht und angenehm zu lesenden Trilogie, die einerseits schwerwiegende Themen berührend erzählt, andererseits aber auch gerne in Oberflächlichkeiten und ein wenig Zuckerguss abgleitet.
Ich vergebe drei Sterne.




Katherine Pancol
Muchachas -Nur ein Schritt zum Glück
Roman Band 3
Paperback, Klappbroschur

€14,99
ISBN 978-3-570-58558-0
Erschienen bei Randomhouse Verlagsgruppe
Mai 2016

Teil zwei als Zwischenspiel der Muchachas-Trilogie von Katherine Pancol




Der zweite Teil der Muchachas-Trilogie von Katherine Pancol setzt die im ersten Teil begonnenen Geschichten um sechs Frauen, deren Leben teilweise miteinander verbandelt ist, fort und lässt viele Fäden für den dritten Teil offen.

Klappentext
Hortense ist wild entschlossen, ihren Weg als Modedesignerin zu gehen, und setzt alles daran, ihr eigenes Label zu gründen. Ihr Freund Garry steht vor seinem ersten großen Konzert, gemeinsam mit der begnadeten Violinistin Calypso, die bei ihren Großeltern aufgewachsen ist und ihre Mütter nie kennengelernt hat. Elena, die ebenso wohlhabende wie geheimnisvolle alte Dame, gibt sich Hortense und Garry gegenüber  als Wohltäterin, verfolgt dabei aber Ihre ganz eigenen Pläne, wie es scheint. Joséphine pendelt zwischen Paris, wo ihre Tochter Zoé Höhen und Tiefen des Erwachsenwerdens durchlebt, und London, wo ihr Geliebter Philippe auf sie wartet, dessen Liebe sie sich immer noch nicht sicher ist. Und Shirley, Joséphines beste Freundin, verliebt sich haltlos in den falschen Mann, und gerät damit in einen schrecklichen Gewissenskonflikt.
Auch im zweiten Teil der Muchachas-Trilogie erzählt Katherine Pancol auf ihre unvergleichliche Weise von Liebe und Freundschaft, von Wünschen und Sehnsüchten, vom ganz normalen Gefühlschaos ihrer Heldinnen, die mit all ihren Schwächen und Stärken den Leserinnen bereits ans Herz gewachsen sind.

Wie bereits im Teil zuvor liegt auch hier der Schwerpunkt nicht gleichmäßig auf allen Figuren und deren Weg. Von der mir im ersten Teil sehr nahegehenden Geschichte um Stella, ihre Mutter Léonie und den gewalttätigen und nach außen hin heldenhaften Vater Ray erfährt man in diesem Teil zum Beispiel gar nichts. Der Schwerpunkt dieses Bandes liegt auf Calypso Muñez, der Violinistin, und Hortense, der Modedesignerin sowie den Personen aus deren Umfeld.

Calypsos Schicksal ist bewegend, die Rückblicke in ihre schwierige und dramatische Kindheit lebensnah und fesselnd erzählt. Man ist beim Lesen geneigt, diese vor innerer Schönheit strahlende und sehr schüchterne, zweifelnde Person in den Arm zu nehmen. Die Beschreibung ihrer Hingabe zur Musik und zum Violinenspiel birgt große Nähe und Intensität, was mir sehr gefallen hat.
Die Begleitung von Hortenses Weg hat mich dagegen in keiner Weise mitgerissen, vieles erschien beim Lesen belanglos, fast langweilig. Natürlich ist ihre Figur bewusst als einerseits zielstrebiger und willensstarker, andererseits unsympathischer und egozentrischer Charakter dargestellt, aber nach meinem Geschmack fehlt es dieser Figur einfach an Tiefe. Man erfährt lediglich von ihrer Hingabe zur Mode und ihrer Arbeit auf der Suche nach dem perfekten Kleidermodell und dem passenden Material dazu. Die sie umgebenden Personen sind eigentlich nur Dekoration.
Hortense nimmt wie schon im ersten Teil der Trilogie einen großräumigen Platz in diesem Band ein, womit die Lektüre für mich viel Intensität und Spannung verloren hat, die durch die Geschichten der anderen Muchachas entsteht.

Einige im ersten Teil angesprochene Nebencharaktere erhalten im Band zwei erneut Platz, so dass man ein runderes Bild erhält. Manches, wie die Queen zum Beispiel, wird nur ganz kurz angetippt, aus dem Augenwinkel erhascht; solche Passagen erscheinen ein paar Seiten später fast schon unwirklich und nebulös. Diese Randfiguren erfüllen die Geschichten mit buntem Leben und sind wichtig für die Verknüpfung der Muchachas untereinander, die man als Leser auch im Band zwei nicht recht erfassen kann. Das stört aber nicht, im Gegenteil, die Neugier auf den dritten Band bleibt dadurch erhalten.

Fazit:
Ein Buch mit Höhen und Tiefen, das für mich eher ein Zwischenspiel von Band eins und drei der Muchachas-Trilogie ist. Ich vergebe drei Sterne und hoffe, im dritten Band wieder von Stella's Schicksal zu lesen.




Katherine Pancol
Muchachas - Kopfüber ins Leben
Roman Band 2

Paperback, Klappbroschur
€ 14,99
ISBN 97-3-570-58557-3
Erschienen bei Randomhouse Verlagsgruppe
April 2016